Hey Chris!
Lass mal von Dir hören wie es in Schweden war.
Deine Zeit ist ja nicht schlecht.
Gruß Anja

Moin Anja

Bericht kommt,,

Vätternrundan 2008

Teil 1.von 5

Vorwort :

Zum 43. Mal ruft der Vätternsee zu Europas größter und bestimmt auch schönster Radsportveranstaltung.

Es sind 300 km Radstrecke und 1.400 Höhenmeter zu meistern.

17.500 begeisterte Radsportler.

Als ich das gelesen hatte wollte ich nur ein,s mit dabei sein.
Und hab mich angemeldet , daß war im September 2007.
Im Dezember war die Bestätigung im Haus.
Schönes Weichnachts Geschenk dachte ich nur , was ich Mir da gemacht habe.

Motala (schweden) schickte mir die Unterlagen am 19 Mai 2008

Und als ich meinen :

Startschein
Start Nr. 11078
Startzeit 02.02 Gruppe 182 in den Händen hielt.

Gab es kein zurück mehr.

Das ich die Hosen voll hatte bzw. weiche Knie ,keine Frage .
Mir ging nur ein,s durch den Kopf.
Das hat du mal wieder supper hingekriegt, 300 Km ich muss bekloppt sein,
so blöde ist auch nur Chris.

Ja ,stimmt und 17.500 andere Radsportler auch.

Würde ich heute sagen.

Vätternrundan 2008

Teil 2.von 5

Die Anreise :


Donnerstag 12.06.2008

Die Reise beginnt in Hamburg um 14:30 Uhr
Auf dem Grundstück von Exercycle Radsportreisen.

Dort lehrte ich auch die anderen Teilnehmer kennen.
Ein bunter und herzlicher Radsportler Haufen aus 9 Personen plus Fahrer.
Nach der Begrüßung wird das Gepäck im Teamfahrzeug verstaut,
anschließend machen wir es uns im Teambus gemütlich und in aller Ruhe auf den Weg nach Kiel.
In Kiel angekommen, begeben wir uns an Bord der Fähre.
Den Abend kann kommen Fussball EM !
Grossleinwand supper !
auf Schwedisch !
Deutschland hat leider ver####### !

Ok , dafür war das Essen auf der Fähre gut.


Freitag 13.06.2008

Nach dem Frühstück an Bord und der Ankunft in Göteborg,
fahren wir dann im Teambus nach Vadstena. Im Hotel angekommen,
das übrigens komplett für uns reserviert war, richten wir uns erst einmal gemütlich ein.
Hinterher fahren wir zusammen nach Motala zwecks Akkreditierung und um noch einen
Bummel über die Fahrradmesse zu unternehmen. Dann sollte man sich noch mal stärken
und für ein paar Stunden ausruhen, bevor es an denn Start geht.

Eine Atmosphäre, wenn sich rund 17.500 Radfahrer,
wenige Tage vor Mittsommernacht in Motala (Schweden) einfinden,
um den Vätternsee zu umrunden.
Die ich mit Worten nicht wieder geben kann.

Bericht

Vätternrundan 2008

Teil 3.von 5

Tour Strat:

Samstag 14.06.2008

Endlich ist es soweit und wir werden auf die Straßen losgelassen.
Nur noch der kurze Transfer vom Hotel nach Motala (natürlich im Teambus)
und es kann losgehen. Die Ketten gut geschmiert, dem Wetter entsprechend gekleidet,
können wir uns jetzt voll aufs Radfahren konzentrieren, ganze 300 km am Stück.

Ich konnte nicht schlafen vor lauter Anspannung , im Hintergrung Schwedische Fan,s
Die , die Fahrer anfeuerten die ab 20.00 Uhr straten.
Um 22.30 Regen ,kleines Gewitter, na supper! Bin davon wachgeworden.
Ne Klar , Nachts um 0.00 Uhr Austehen.

Nach eine kleinen Frühstück ab zum Strart :
Von Hotel ( in Vadstena ) nach Motala .ca 25 km.
Die Nacht , Dunkel, Radfahrer mit Licht kammen uns endgegen , aus Unserem Tourbus ,
Musik von Underworld natürlich Laut . Geil..

Angekommen in Motala haben wir dann noch ein Paar Gruppen Fotos gemacht.

Im Startbloch :

Kontrolle : 01.

Ab das Bike ok ist , Licht und Helm werden überprüft !

Kontrolle : 02.

Strat Nummer Ok ? bzw. Tranzponder dabei ? Und die Frage , bist du gedobt !!!

Und jetzt kommen wir in den Stratblock,,

02.02 Uhr ,, Start , juhuuu und ab geht es , in die dunkle Nacht von Motala.

Ps.:

Unsere Track,s von Underworld :

Born Slippy
Cowgirl
Crocodile (Oliver Huntemann Remix)
Dinosaur Adventure
Dirty Epic
Jumbo
The Beach
The Undertaker
Vanilla sky soundtrack

Tagebuch
meiner 1. (tatsächlich aber 43.) Vätternrundan vom 11. bis 16.06.08

Verfasser und Teilnehmer: Ernst Behr
Teilnehmer: Brunhilde Joachimneyer
Christian Schorer
Eberhard Liebermann
Hans Schneider
Malte Denz
Monika Paul
Stephan Blanquett
Torsten Schulze
Uwe Krabbe
„Auf zu neuen Ufern…“

Inspiriert durch die Schilderungen von Hans setzte sich die Idee in meinem Kopf fest, an diesem Rennen in 2008 teilzunehmen. Auch wenn es sich um eine ganz andere Art der Belastung als bei der Tour „Entlang des Jakobsweges“ handel-te, übte die Vorstellung, gemeinsam mit Hans diese Tour zu machen, auf mich einen besonderen Reiz aus. Von Do erhielt ich grünes Licht und ab diesem Zeitpunkt begann für mich wieder ein neu-es „Radfahrzeitalter“. Unter dem Motto „Auf zu neuen Ufern“ richtete ich meine Trainingsfahrten auf dieses Radsportereignis aus. Immer wieder fuhr ich auch Touren über 100 km und hatte mir vorgenommen, mindestens 2 Touren über 200 km zu fahren, vielleicht auch eine Tour über 300 km. Aber erstens kommt es anders und zweitens als man denkt. Die Zeit verrann und schlechtes Wet-ter, aber auch andere Verpflichtungen, verhin-derten die Umsetzung meines Trainingsplanes. Al-lerdings kam dafür mein erster Radmarathon!

Am 26.04.08 – ein denkwürdiger Tag für mich – nahm ich mit Hans und seinem Vereinskamerad Heinz (Baumhoff) an der 10. Radmarathon „Chal-lenge“ der RSG Herne e.V. teil. Es galt 210 km zu bewältigen, und das in einer Zeit die es er-möglichte, dass ich in der Wertung blieb. Einer-seits war ich sehr aufgeregt, andererseits war ich irgend wie sicher, das ich es schaffen wür-de. Dank der Erfahrung und der einfühlsamen Füh-rung von Hans schaffte ich es tatsächlich. In 8 Std. 17 Min. und 16 Sek., nach einer Strecke von 208,56 km und mit einer Durchschnittsgeschwin-digkeit von 25,1 km/h erreichte ich das Ziel des Marathons in Herne. Ich war zwar müde und ausge-powert aber stolz wie Oskar und einfach happy. Hätte mir das jemand noch vor einem Jahr prophe-zeit, ich glaube ich hätte ihn für verrückt er-klärt. Aber es war Realität.

Jetzt war ich mir sicher, die Vätternrundan kann kommen und Hans bestärkte mich auch noch. Ab diesem Zeitpunkt fuhr ich meine längeren und kürzeren Tagestouren – allein oder mit anderen – nur noch mit meinem Rennrad, um zur Vätternrun-dan möglichst topfit zu sein.
Hans und ich bereiteten uns immer konkreter auf Schweden vor. Es wurde eine „Packliste“ erstellt und abgearbeitet. In der Werkstatt von Hans er-hielt ich einen halben Tag praktischen Unter-richt in Fahrradpflege und technischer Handha-bung. Ich war beeindruckt! Der Mann weiß einfach alles über Fahrräder und kann auch noch alles!
Nach dieser Einweisung überholte ich dann meine beiden Fahrrädern, was diesen sehr gut bekam. Insbesondere mein „Panzer“ hatte es bitter nö-tig. Ich holte noch getrockneten Schlamm von Spanien aus den Ritzeln und der Kette und war bei einer Probefahrt sehr erstaunt, was eine solche Überholung ausmachte. Das Rad fuhr sich wieder deutlich leichter und ich kam auch viel schneller voran.

Eine weiteres Ereignis verhinderte fast meine Teilnahme an der Vätternrundan. Am 23. April knickte Do um. Eigentlich nichts so Ungewöhnli-ches, denn das kam häufiger vor. Aber nach 14 Tagen stellte sich heraus, dass es diesmal viel schlimmer war. Nachdem die Schmerzen bei Do im-mer stärker geworden waren, beschlossen wir eine Röntgenuntersuchung durchführen zu lassen. Diese war bisher unterblieben, da die Hausärztin uns beruhigt hatte, dass keinesfalls etwas gebrochen war und dass lediglich eine Bänderverletzung vorliegen konnte. Die Röntgenuntersuchung brach-te ein schlimmes Ergebnis. Do hatte einen Trüm-merbruch des rechten Wadenbeins, kurz über dem Knöchel. Eine sofortige Einweisung in das Kran-kenhaus war erforderlich. Dort wurde das Bein erst einmal eingegipst, damit die Schmerzen er-träglicher wurden und das Bein abschwellen konn-te. Noch in der gleichen Woche wurde dann das Bein operiert und es war erforderlich den Kno-chen mit einer Schiene und 10 Schrauben zu fi-xieren. Jetzt war Geduld angesagt. Das Bein durfte mindestens 8 Wochen nicht belastet wer-den. Das bedeutete Rollstuhl oder 2 Gehhilfen. Für Do kam nur der Rollstuhl in Frage, da sie mit den Gehhilfen nicht zurecht kam. Jetzt stand die Entscheidung an, ob ich die Teilnahme an der Vätternrundan absagen musste. Da Do zwischen-zeitlich mit dem Rollstuhl gut zurecht kam und es sich zeigte, dass unsere Überlegungen hin-sichtlich altersbedingter Bewegungseinschränkun-gen beim Kauf unserer Eigentumswohnung den – al-lerdings nicht so schnell erwarteten - Praxis-test bestanden hatten, bestand Do auf meiner Teilnahme an der Vätternrundan. Ich organisierte noch einen „Besuchsdienst“ durch Freunde und Verwandte während meiner Abwesenheit und ent-schloss mich dann – trotz Bedenken – für die Schwedenfahrt.

Eine Woche vor unserem Start nach Schweden be-sorgte ich noch die letzten Utensilien und Be-kleidungsstücke (Knielinge, Regenüberschuhe, Handschuhe mit Fingern und, und, und…). Außerdem ließ ich das Fahrrad bei meinem Fahrradhändler durchchecken und mit den erforderlichen Strah-lern vorne, hinten und im Hinterrad ausrüsten. Die Beleuchtung war bereits vorinstalliert. Da unsere Startzeit für 2.02 Uhr festgelegt war, war die Beleuchtung ein unbedingtes Muss, wie ich aus den Unterlagen des Veranstalters entneh-men konnte und nach von Hans wusste. Trotz die-ses Wissens kam es zu einem Fehler, der fast noch meinen Start gefährdet hätte, wie sich spä-ter noch zeigen wird.

Der Start rückte immer näher! Damit wir ausge-ruht und ohne Hektik unsere Schwedenreise star-ten konnten, hatten wir eine Übernachtung in Hamburg vorgesehen. Eigentlich hatte Hans ge-plant, eine Nacht bei seinen Freunden in Hamburg zu verbringen, aber diese waren gerade zu diesem Zeitpunkt verreist. Hans bestellte den Mietwagen für die Anreise nach Hamburg und reservierte uns ein Zimmer im Etap-Hotel in Hamburg, in der Nähe unseres Veranstalters und der Abgabestelle für den Mietwagen.

Am letzten Wochenende vor unserer Abreise putzte ich nochmals mein Rad und dann verpackte ich es in die Fahrradtasche. Dabei überprüfte ich noch-mals, ob alles da war. Da das Rad auf dem Kopf stehend in die Tasche kam, nahm ich Lampe und Tacho ab und deponierte sie in der Radtasche. Eigentlich narrensicher, wie ich mir dabei dach-te.

Dann kam der Tag der Abfahrt nach Hamburg. Hans hatte einen VW Passat geordert, kam aber mit ei-nem Mercedes an, da die Autovermietung keinen anderen Wagen hatte. Wir verabschiedeten uns von Do, luden mein Fahrrad und die anderen Sachen ein, Hans machte noch schnell ein Foto und los ging es. Das Auto war bequem und mit allen Ex-tras ausgestattet, u.a. mit einem eingebauten Navi. Da ich ebenfalls seit kurzem ein eingebau-tes Navi besitze, fiel es mir nicht schwer, das Navi zu bedienen. Dabei hatte ich am Vortrag mir noch extra das mobile Navi meines Mitfahrers auf dem Jakobsweg ausgeliehen. Aber besser 2 als keins! Die Anreise nach Hamburg verlief ruhig und ohne größere Probleme. Ganz ohne Stau ging es natürlich nicht ab, aber wir hatten ja Zeit. Kurz vor Hamburg rief Hans Stephan an, unseren mitfahrenden Reiseveranstalter. Der war noch voll im Stress und unterwegs, würde aber nach 17.00 Uhr in seiner Agentur sein. Also fuhren wir dorthin. Die Begrüßung von Hans und Stephan war herzlich, denn sie hatten ja bereits im letzten Jahr gemeinsam die Vätternrundan gefah-ren. Dann kam auch noch Uwe, ein immer im Stress stehender Geschäftsmann, der seine Firma im gleichen Gebäude hat wie Stephan seine Agentur. Auch durch ihn eine herzliche Begrüßung und Ein-ladung zu einer Tasse Kaffee. Er teilte uns mit, dass er aus Termingründen nicht mit uns fahren würde, sondern am nächsten Tag „einfliegt“ und auch die Rückreise mit dem Flugzeug machen wür-de. Übrigens war es für ihn schon die 9. Vät-ternrundan!
Wir luden unsere Räder und unser Gepäck aus dem Mietwagen und verstauten es in den Räumlichkei-ten von Stephan. Dann wurde es Zeit unser Domi-zil – das Etap-Hotel - anzufahren, denn bis 19.00 Uhr mussten wir uns angemeldet haben. Es klappte problemlos und wir belegten unser Zim-mer. Das Hotel war einfach, aber sauber und zweckmäßig mit allem was man brauchte und dazu sehr preiswert. Kurz frisch gemacht und los ging es zur Autovermietung, um den Wagen abzugeben. Auch hier keinerlei Probleme. Jetzt hatten wir Hunger und suchten ein Restaurant. Hans hatte riesigen Hunger und Appetit auf ein Steak. Di-rekt in der Nähe verkündete ein großes Schild „Steakhaus“. Allerdings stellte sich heraus, dass nur noch das Schild existierte aber nicht mehr das Steakhaus. Also kam jetzt der Chinese dran, der ebenfalls in der Nähe war. Eine gute Wahl! Wir hatten ein reichliches und schmackhaf-tes Buffet. Wir „speisten“ ohne Zeitdruck. Dann ging es zu Fuß zum Hotel. Zwischendurch riefen wir noch unsere Frauen an, damit sie beruhigt waren und auch ruhig schlafen konnten. Danach war schlafen angesagt!
Die Betten erwiesen sich als durchaus liege-freundlich und wir wachten morgens ausgeschlafen und erholt auf. Schnell die Morgentoilette und dann zum Frühstücksbuffet. Der Speisesaal wirkte auf mich wie „Mac Donalds in Holz“. Sauber, pflegeleicht, mit Stühlen ohne Lehnen, aber es gab alles zu essen was man sich wünschte. Nach dem Frühstück schnell die Rechnung beglichen und dann wollten wir auf Entdeckungstour durch Ham-burg gehen. Wir erkundigten uns nach Fahrtmög-lichkeiten und staunten nicht schlecht. Für noch nicht einmal 5,00 € pro Person konnten wir den ganzen Tag, mit allen öffentlichen Verkehrsmit-teln durch Hamburg fahren. Also nichts wie los! Unser „kleines Gepäck“ kam im Bahnhof in ein Schließfach und jetzt waren wir für den Bummel bereit. Hans erwies sich als erfahrener und kom-petenter Reiseführer und kennt Hamburg wie seine eigene Westentasche. Er zeigte mir das Rathaus, andere Sehenswürdigkeiten und den Michel. Den bestiegen wir dann auch sofort. Es galt viele Stufen zu steigen, bis wir ganz oben waren. Der Lift war natürlich verpönt! Das beindruckende Uhrwerk der Turmuhr faszinierte mich und wurde im Bild festgehalten. Leider war das Wetter ty-pisch hamburgerisch, also bewölkt, windig und Nieselregen. Trotzdem genossen wir den Rundblick von der obersten Plattform. Auch dabei erstaunte mich wieder das reichhaltige Wissen von Hans. Ob Hafen, Oper oder besonderes Bauwerk, Hans kennt einfach alles. Im Michel begegneten wir einer Schulklasse – ich schätze 6. – 7. Schuljahr. Da blieben Gespräche über Treppensteigen oder Lift-fahren, über Schule und, und, und… natürlich nicht aus. In der Innenstadt zeigte mir Hans noch einen berühmten Lampenladen, den er unbe-dingt für Christa fotografieren musste. Auch im Hafen und Umgebung lernte ich besondere Schiffe und Gebäude kennen. Dann hieß es den Rückweg an-treten, denn unsere Fahrt nach Kiel stand an. Zuerst ging es zurück zum Hauptbahnhof. Hans hatte mir leichtsinnigerweise die Verantwortung für unsere Fahrkarten übertragen. Da die Abteile recht voll waren, saßen wir etwas auseinander und gerade ertönte die Aufforderung: „Bitte Fahrscheine vorzeigen!“ Lachend sagte Hans: „Und jetzt fehlt noch dass Du sagst, den Bärtigen da kenn ich nicht!“ Einige Mitfahrer fingen an zu grinsen. Natürlich tat ich nichts dergleichen. Aber insgeheim hatte ich doch die Befürchtung, dass unser „preiswerter“ Fahrschein nicht alles abdeckte. Aber kein Problem. Die Schaffnerin lä-chelte mich an und ich hatte den Eindruck, dass sie kaum auf den Fahrschein schaute. Jetzt war ich sicher, dass wir mit dem Fahrschein auch noch bis zu Stephan kamen, egal mit welchem Ver-kehrsmittel. Im Hauptbahnhof holten wir unser Gepäck aus dem Schließfach, erkundigten uns mit welcher Linie wir am besten in die Oldenfelder Str. kommen, und dann ab zum Bahnsteig, denn da stand schon unser Zug bereit. Um ca. halb 2 tra-fen wir bei Stephan ein und nach und nach kamen auch die Anderen. Es gab herzliche Begrüßungen und ich fand es sehr wohltuend, dass es so über-haupt keine Berührungsängste und Vorbehalte gab. Das lag wohl daran, dass wir alle das gleiche Ziel hatten, nämlich die 300 km rund um den Vät-ternsee.

Stephan, Radler aus Leidenschaft, hat seine Pas-sion zum Beruf gemacht. Er veranstaltet und or-ganisiert Events und Reisen für jeden Ge-schmack. Er ist noch dabei das Geschäft auf- bezw. auszubauen. Aus meiner Sicht ein sehr gu-ter Veranstalter. Er geht auf seine Kunden ein und ist bemüht das Optimum für sie herauszuholen und fährt auch noch die Rundan mit – bereits zum 6. Mal! Ich habe mich jedenfalls vom ersten Mo-ment an wohl gefühlt.

Uwe habe ich ja bereits erwähnt. Erfolgreicher Geschäftsmann und immer unter Termindruck, steht schon 9 Mal in den Startlisten der Vätternrun-dan. Wegen seiner starken geschäftlichen Inan-spruchnahme konnte er die An- und Abreise leider nicht mitmachen, sondern flog kurz vor dem Start ein und auch am nächsten Tag flog er zurück. Ich glaube aber, obwohl ich ihn ja nur sehr kurz kennen gelernt habe, dass er ein sehr guter Ka-merad ist.

Zuerst kam Eberhard aus Coburg, ein waschechter Franke, wie er immer wieder betonte. Innerhalb von wenigen Minuten merkten Hans und ich „es passt“! Eberhard war schon die ganze Nacht un-terwegs gewesen und hatte seine Frau zum Flugha-fen gebracht. Sie startete von dort aus mit dem Flugzeug nach Göteborg. Eberhard verband die Rundan mit einem Kurzurlaub bei und mit seiner Tochter, die schon einige Zeit in Göteborg lebte und arbeitete. Die Verbindung zu Hans und mir war schnell hergestellt, denn von Eberhard er-fuhren wir, dass er bei der Fa. Waldrich arbei-tet, die ja ihren Ursprung in „unserem“ Sieger-land hat. Und dann auch noch in der Arbeitsvor-bereitung, was ich in meinem „ersten“ Leben ja auch gemacht habe, wenn auch nicht bei Waldrich. Schnell merkte ich, dass Eberhard unglaublich konditioniert und dank seiner Größe fürs Radfah-ren prädestiniert war. Er mag es mir verzeihen, aber zuerst dachte ich, dass er gern aufschnei-det, vielleicht auch angibt. Bald merkte ich dann aber doch, dass er heiß auf die Rundan war und sich auf diese Art selbst motivierte. Sein Ziel war eindeutig: eine gute Zeit musste her!

Dann kam Christian aus Hamburg, ein bulliger, kraftstrotzender junger Mann. Offen und mit dem vorlauten Charme eines Großstädters, besser noch eines Hamburgers. Aber auch hier merkte ich bald: Null Probleme bzw. eine echte Bereicherung unseres Teams! Christian Supper Fahrer ! Danke,,

Auch Torsten, ein junger Berliner Berufsfeuer-wehrmann aus Leidenschaft mit Arbeitsplatz in Potsdam. Für mich ein großer Junge, der mit sei-ner Kraft nicht wusste wohin. Die Vätternrundan war für ihn nur das „Vorspiel“. Vorgesehen war danach ein „Taschentausch“ in Berlin und sofor-tige Abreise ins Hochgebirge, um noch eine Wild-wasserkanufahrt zu machen. Außerdem überlegte er, ob er das Fahrrad nicht gleich im Auto lässt, um auch noch einige Gebirgsetappen zu fahren. Dann erfuhren wir auch noch, dass er „Freeclimbing“ betreibt. Wie das geht, zeigte er uns eindrucksvoll durch entsprechende Handbewe-gungen. Hinzu kam bei ihm noch ein echtes engli-sches „understatement“, eine Mischung, die mir persönlich sehr gefällt. Für mich war klar: Passt!

Und dann unsere 2 Frauen. Zuerst Brunhilde aus Hamburg. Eine ruhige, gestandene Geschäftsfrau. Ehrgeizig und ausdauernd beim Radfahren, trotz oder gerade wegen einer überstandenen Erkran-kung. Sie war nach Hans und mir die „Lebensefah-rendste“ und schlicht bewundernswert. Sie hat die 300 km ganz allein bewältigt und in einer Zeit die sich sehen lassen kann.

Last but not least Monika aus Hamburg. Eine jun-ge Frau, ein bisschen Lebenskünstlerin, steht aber mit beiden Beinen fest auf der Erde. Sie trägt ihr Herz – wie man so schön sagt – auf der Zunge und verfügt über Witz und Schlagfertig-keit. Bemerkenswert ist auch ihre Kreativität – eigentlich eine ideale Voraussetzung für eine Ich-AG. Sie war eigentlich während der ganzen Reise die „Alleinunterhalterin“ und es kam wäh-rend der gesamten Fahrt, auch auf der Fähre, keine Langeweile auf. Sportlich ist sie sehr hoch einzuschätzen. Sie bewältigte die Strecke in etwas mehr als 13 Std. inklusive entsprechen-der Pausen. Und das überwiegend in Alleinfahrt! Hochachtung!

Dann war da noch Malte. Beifahrer und Helfer für Stephan bei der Reisebegleitung. Er ist die Run-dan nicht mitgefahren sondern sorgte dafür, dass wir uns um nichts außer uns selber kümmern muss-ten. Vom Naturell her eher ruhig, leidenschaft-licher Fußballer und gerade fertig gewordener Physiotherapeut. Ein Beruf, der gut zu ihm passt - soziales Engagement mit sportlichem Verständ-nis. Allerdings glaube ich, dass er „Reserven“ hat. Ab und zu blitzte bei ihm Humor und auch Temperament auf. Wenn der mal zu Höchstform auf-läuft, dann Hütte gut Nacht.

Soweit die Charakterisierung des Teams. Auch wenn die leistungsmäßigen Voraussetzungen weit auseinander gingen, während der Fahrt mit dem Auto und der Fähre und den gemeinsamen Stunden vor und nach der Rundan, war die Stimmung super und ich glaube jeder hat sich wohlgefühlt.
Besonders schön war, dass man frei von der Leber reden konnte, ohne befürchten zu müssen, dass man etwas falsch machte. Für mich die wesentli-che Voraussetzung.

Nachdem alle Fahrräder im Anhänger untergebracht waren und auch das Gepäck im Auto verstaut war, konnte es los gehen. Stephan fragte nochmals ab, ob auch alle alles Erforderliche eingepackt hat-ten. Wie sich später herausstellte eine berech-tigte Frage, zumindest für mich. Anscheinend war ich wohl doch aufgeregter als ich dachte und mir fehlt auch noch die Routine des Checkup für sol-che Veranstaltungen, da ich ja meistens von zu Hause und allein meine Touren unternehme. Ich hatte meine Lampe – lt. Info des Veranstalters unbedingt erforderlich für alle Starts bis etwa 4 Uhr – mit dem Rad in die Tasche gepackt, eben-so wie meinen Tacho. Da war ich noch überzeugt, dass dies der optimale Platz dafür war und somit nichts passieren konnte. Aber die Tasche blieb in Hamburg und ich dachte nicht mehr an die Lam-pe und auch nicht an den Tacho.

Die Fahrt verlief zügig und ohne Pannen. Die Stimmung war sehr gut. Stephan war extra früh los gefahren, da an diesem Tag das EM-Spiel Deutschland – Kroatien anstand und zwar um 18.00 Uhr. Geplant war, so rechtzeitig an der Fähre zu sein, dass man sich das Spiel an Bord ansehen konnte. Aber „der Mensch denkt und Gott lenkt“. Wir waren zwar rechtzeitig da, aber – warum auch immer – erhielten wir keine Aufforderung an Bord zu fahren. Die Schlangen rechts und links von uns wurden kleiner und kleiner, nur wir bewegten uns nicht einen Meter.
Als wir dann – fast als Letzte – an Bord gerufen wurden , war das Spiel bereits in vollem Gange. Ich war erst einmal von der Größe und der Tech-nik der Fähre erschlagen, denn bisher kannte ich nur kleinere Schiffe und vor allem war ich erst-mals auf einer Fähre. Wie von selbst ergab es sich, dass Hans, Eberhard und ich eine Kabine zugeteilt bekamen. Es gab 2 normale Betten und 2 Hochbetten. Ich entschloss mich für ein Hoch-bett. Kurz frisch gemacht und die Sachen ver-staut und auf ging es zum kennen lernen der Fäh-re. Hier erwies sich Eberhard als sachkundiger Experte, da er bereits häufiger nach Göteborg gefahren war. Aber auch Christian als Hamburger kannte sich in der Seefahrt aus und so erfuhr ich einiges über die Technik. Auf dem Oberdeck war es windig und kühl, aber auch richtig span-nend. Dann begaben wir uns auf Suche nach einem Fernseher, um noch etwas vom EM-Spiel der deut-schen Mannschaft zu sehen. Wir entdeckten das Bordkino und dort wurde das Spiel auf einer Großleinwand gezeigt. Hier lernte ich eine neue Seite von Eberhard kennen. Die deutsche Mann-schaft spielte grottenschlecht. Da ich mir be-wusst machte, dass ja nicht nur Deutsche auf dem Schiff waren, verhielt ich mich zurückhaltend. Ganz anders Eberhard. Er ließ so richtig die Sau raus, kommentierte lautstark jeden Fehlpass und verkündete, dass für die deutsche Mannschaft die EM vorbei sei. Allerdings beruhigte er sich nach dem Spiel auch wieder sehr schnell. Erstaunlich war, dass mich das Spiel nur wenig berührte, was sicherlich daran lag, dass ich schon voller Vor-freude auf die Rundan war.

Wir waren für das Abendessen um 21.00 Uhr einge-teilt. Mit entsprechendem Appetit und Hunger ka-men wir in den großen, luxuriösen Speisesaal. Das Buffet bot alles was das Herz begehrte, egal ob Vorspeise, Salate, Hauptgerichte oder Nach-speisen. Die Stimmung am Tisch war fröhlich und ausgelassen, aber das tat der Menge die wir ver-speisten keinen Abbruch. Wir blieben, bis die Bedienung uns höflich und diplomatisch zu ver-stehen gab, dass der Speisesaal geschlossen wer-den sollte. Wir machten noch einen ausgedehnten Rundgang auf dem Schiff, damit das reichliche Essen etwas sacken konnte. Dann ging es ab in die Kabine. Hier verwünschte ich, dass ich das obere Bett gewählt hatte, denn es gab keine Lei-ter, zumindest hatte ich keine gesehen. Wir schliefen gut und standen am Morgen ausgeruht auf. Als erster Eberhard – wie ich in der Folge feststellte – fast eine Charaktereigenschaft. Als ich mich aus dem Etagenbett „heruntergelas-sen“ hatte, entdeckte ich unmittelbar neben der Badtür an der Wand die Leiter. Aber es hatte ja auch so geklappt. Nachdem wir geduscht und die Morgentoilette hinter uns hatten, ging es wieder in den Speisesaal. Auch das Frühstück erwies sich als „first class“. Diesmal waren wir aller-dings etwas dezimiert. Die Langschläfer kamen erst später. Nachdem wir gefrühstückt hatten, brachen wir unsere Zelte in der Kabine ab und begaben uns mit unserem „leichten“ Gepäck wieder auf das Oberdeck. Hans hatte mir schon angekün-digt, dass die Einfahrt in den Göteborger Hafen etwas spezielles und auch aufregendes ist. Hans und Eberhard kommentierten was wir sahen und ich hörte einfach zu. Dann erschien vor uns eine riesige Brücke. Je näher wir kamen desto unsi-cherer wurde ich, ob die Fähre mit dem Flaggen-mast und dem Schornstein ohne anzustoßen unter der Brücke durchfahren konnte. Aber es war ja für die Fähre nicht das erste mal. Wir hielten die Einfahrt in Bildern fest und Eberhard zeigte uns dann, wo seine Tochter wohnte und erklärte uns besondere Gebäude und Einrichtungen. Gegen 9.00 Uhr machte die Fähre dann fest und kurz darauf chauffierte uns dann Stephan an Land.

Die Fahrt ging quer durch Schweden und wir sahen erstmals Teile des Vätternsees und lernten auch Abschnitte der Fahrradstrecke kennen. Ich genoss einfach alles, merkte aber auch, dass die Span-nung stieg. Gegen 13.00 Uhr erreichten wir unse-re Unterkunft. Eine alte - aber gepflegte – Holzvilla in der Nähe des Starts der Rundan. Ir-gendwie wie bei Pippi Langstrumpf, dachte ich bei mir. Wir wurden begrüßt und dann ging es an die Zimmerverteilung. Wieder erhielten Hans, E-berhard und ich eine gemeinsame „Suite“. Es han-delte sich um 2 zusammenhängende Zimmer unter dem Dach. Jedes Zimmer war nach einer Persön-lichkeit oder einem Künstler aus Frankreich be-nannt und entsprechend möbliert. Wir hatten das Zimmer „Matisse“. Bilder und Einzelmöbel ent-sprachen der Epoche, in der dieser Maler gelebt hatte. Einfach zum Wohlfühlen. Die Bettenvertei-lung verlief wieder problemlos. Hans und ich ü-berließen Eberhard das Zimmer mit dem Einzelbett und wir belegten die beiden Betten im anderen Zimmer. Auch dabei gab es keinerlei Debatten, vielmehr ging es innerhalb von Sekunden über die Bühne.

Wir vereinbarten mit Stephan, dass wir um 14.00 Uhr zum Start fahren wollten, um unsere Startun-terlagen abzuholen. Es gab eine Vielzahl von Meldestellen, die nach den Startnummern aufge-teilt waren. Da wir als Gruppe gemeldet waren, hatten wir zusammenhängende Startnummern, außer Brunhilde. Die hatte sich eine deutlich frühere Startzeit ausgesucht und somit auch eine niedri-gere Startnummer. Wir stellten uns an dem ent-sprechenden Stand in dem riesigen Zelt an. Es war erstaunlich, wie diszipliniert und routi-niert die Anmeldung verlief. Die Helfer waren sehr freundlich und hatten für jeden ein aufmun-terndes Lächeln. Hans hatte sich vom Sponsor seines Radvereins „Krombacher“ Kugelschreiber besorgt und begann damit, diese zu verschenken und die Beschenkten quittierten dies mit noch mehr Freundlichkeit und Lächeln. Dann gab es auch die ersten Wiedersehensszenen. Teilnehmer aus dem letzten Jahr begrüßten herzlich und lautstark einzelne aus unserer Gruppe. Nachdem ich meine Unterlagen, eine Trinkflasche und wei-teres Material erhalten hatte, erkundete ich den Markt. Gedränge überall und die meisten hatten die gleichen Sachen in der Hand wie ich, also waren auch Teilnehmer. So langsam bekam ich ei-nen Begriff davon, was fast 19.000 Teilnehmer (exakt: 18.265)bedeuteten. Ich ließ mich im Zelt von Stand zu Tand schieben und staunte über die Vielfalt der Radfahrartikel: Kleidung von Kopf bis Fuß und für jedes Wetter, Helme und Fahrrad-zubehör und „Sportlernahrung“ in allen Variatio-nen. Gerade diese wirkte auf mich, dass sie selbst Tote zum Leben erwecken könnte. Ich wi-derstand der Versuchung „zuzuschlagen“ und be-gab mich nach draußen. Hier hatte einer der Hauptsponsoren „Bianchi“ seine neuesten Radmo-delle ausgestellt – zum anfassen. Da wurden Wün-sche geweckt, aber die Preise brachten mich schnell auf den Boden zurück.

Das Treffen für die Rückfahrt rückte näher und so langsam trudelten unsere Gruppenmitglieder ein, einige mit gefüllten Tüten. Wir fuhren zu-rück in unsere Pension und vereinbarten für 18.00 Uhr das Abendessen in einer Gaststätte in der Nähe. Außer mir bestellten alle Nudeln, ich entschied mich für ein „Snizel“. Es war schmack-haft und ich wurde rundum satt. Die Stimmung am Tisch war wieder richtig unterhaltsam. Dann ging es zurück in die Pension zum schlafen. Wir ver-einbarten, dass wir um 23.30 Uhr aufstehen woll-ten, damit wir rechtzeitig für die Abfahrt um 01.00 Uhr gestiefelt und gespornt – in diesem Fall in Fahrradkleidung mit Startnummer und Transponder – bereit waren. Ich stellte meinen Handywecker entsprechend ein und versprach Moni-ka an ihre Tür zu klopfen, damit sie auf keinen Fall das Aufstehen verpasste. Sie war ja dann allein, da Brunhilde bereits gegen 22.00 Uhr startete. Was ich befürchtet hatte trat prompt ein, mit dem Einschlafen wollte es nicht so recht klappen. Gegen 22.00 Uhr wurde es plötz-lich sehr laut im Zimmer. Da ich wohl eingedu-selt war, brauchte ich einen Moment, um zu er-kennen was los war. Es regnete sehr stark und da wir ja direkt unter dem Dach waren, hörte es sich besonders schlimm an. Dazu wehte noch ein kräftiger Wind, der unsere Gardine flattern ließ. Hans stand auf und schloss das Fenster et-was. Mir ging durch den Kopf: „Arme Brunhilde!“, denn ihr Start stand ja unmittelbar bevor. Na-türlich dachte ich auch an unseren Start und zum ersten Mal wurde ich ein wenig unsicher, ob wir unsere Fahrt bei einigermaßen trockenen Wetter würden machen können. Ich schlief sehr unruhig und mit vielen Unterbrechungen. Das war wohl die „Aufregung des Radfahrers vor dem Start“ (frei nach dem Fußballfilm: „Die Angst des Torwarts vor dem Elfmeter“).

Dann klingelte das Handy und es hieß aufstehen. Ich weckte meine beiden Zimmergenossen und klopfte wie verabredet bei Monika an die Tür. Diese meldete sich sofort, war also auch schon wach. Ein Blick aus dem Fenster zeigte mir, dass das Wetter sich beruhigt hatte. Es war trocken und nicht kalt. Hatten wir – außer Brunhilde – vielleicht doch Glück? Nach kurzer Morgentoilet-te zogen wir unsere Fahrradkleidung an. Wie Hans immer sagt „nach dem Zwiebelmuster“. Das heißt, dass wir mehrere Sachen übereinander anzogen, damit wir uns während der Fahrt mit wenig Auf-wand an die jeweilige Gegebenheit anpassen konn-ten. Unsere Startnummern wurden an Brust und Rü-cken (natürlich in Folien!) mit Sicherheitsna-deln angebracht. Nicht ganz einfach, aber nach dem 3. Versuch saßen meine einigermaßen. Und ähnlich war es bei Hans und Eberhard. Dann kam der 1. Schreck in der Morgenstunde. Wo war mein Transponder, denn ohne diesen am Bein würde es keine Wertung geben. Ich war sicher, dass ich ihn an einem „totsicheren“ Platz verstaut hatte. Aber wo war der Platz. Ich machte Hans durch meine Sucherei mit nervös. Anders Eberhard, der ließ sich davon überhaupt nicht beeindrucken, sondern konzentrierte sich auf sich selbst. Nach 3-maligem aus- und wieder einpacken entschloss ich mich dazu, erst einmal mein Langarmshirt an-zuziehen. Eine sehr gute Idee – wie sich heraus-stellte – denn an der Schulte des Shirts hing mein Transponder. Ich wusste doch – ein „totsi-cherer“ Platz! Ich gab Entwarnung und befestigte den Transponder an meinem Fußgelenk.

Nachdem wir startklar waren, gingen es runter zum Auto. Bald waren alle da. Malte hatte am Vortag den Anhänger abgekoppelt, da wir ja zur Anmeldung die Räder nicht benötigten. Allerdings hatten wir bei unserer Rückkehr entdeckt, dass ein anderer Wagen vor der Deichsel unsers Anhän-gers geparkt war. Der Wunsch von Malte, dass der geparkte Wagen bis zu unserer Abreise fort war, erfüllte sich nicht. Also hieß es den Anhänger drehen, damit wir ihn ankuppeln konnten. Dank der „unglaublichen manpower“ war das Problem schnell erledigt und wir waren startklar. Auf ging es bei trockenem und nicht zu kaltem Wet-ter. Allerdings hatten wir uns für das Anziehen unserer Knielinge entschieden. Hans hatte sich am Vortag auf dem Markt neue Knielinge zugelegt und bot seine alten Eberhard an. Aber der war überzeugt, dass er so etwas nicht brauchte. Al-lerdings zeigte Monika Interesse und profitierte von Eberhard’s Absage. Die kurze Anfahrt zum Start verlief problemlos. Malte parkte den Wagen bei einer Tankstelle, damit wir etwas mehr Licht hatten. Der Anhänger wurde geöffnet und wir ent-luden unsere Räder und die separat verpackten vorderen Laufräder. Ich konzentrierte mich auf mein Rad. Das Vorderrad war schnell eingebaut, aber was war los? Beim Drehen gab es unangenehme Geräusche. Schnell war mir klar, dass meine ext-ra für diese Tour beschafften Schutzbleche nicht mehr richtig saßen. Nach einem Versuch sie zu richten, entschoss ich mich dazu, die Schutzble-che abzumachen, denn der Start rückte immer nä-her.
Da Stephan gerade die Luftpumpe ausgepackt hatte und ich beim Prüfen des Luftdrucks im Vorderrad den Eindruck hatte, dass es ruhig etwas mehr sein konnte, schraubte ich die Schutzkappe vom Ventil ab. Plötzlich machte es kurz „zisch“ und jetzt hatte ich wirklich keine Luft mehr im Rei-fen. Die Schutzkappe hatte so fest gesessen, dass ich das komplette Ventil abgeschraubt hat-te. Lange Zeit zum Überlegen war nicht, denn un-ser Start rückte immer näher. Also Ventil rein-geschraubt, Stephan kam mit der „großen“ Pumpe und füllte den Reifen mit den von mir gewünsch-ten 7 Atue. Als er die Pumpte vom Ventil zog, hörte er noch ein leises Zischen. Aber ich woll-te mich nicht beirren lassen. Schnell nochmals das Ventil zugedreht und ich war überzeugt „al-les okay“ und so war es gottseidank auch. Ste-phan erkundigte sich noch, ob ich einen Reserve-schlauch dabei hatte. Im Brustton der Überzeu-gung bejahte ich dies und wollte ihm den Schlauch zeigen. Der nächste Schreck, meine kleine Satteltasche mit dem Schlauch war nicht am Rad. Also bot mir Stephan einen Schlauch aus seinem Fundus an und ich nahm dankbar an Später entdeckte ich dann meine kleine Satteltasche im Rucksack.
Aber das sollten nicht die einzigen unangeneh-men Überraschungen sein. Ich öffnete meine Sat-telgepäcktasche und wollte die Lenkerlampe her-ausholen und befestigen. Aber es gab in der Ta-sche keine Lampe! Langsam dämmerte mir, dass mein toller Stauplatz in der Radtasche wohl doch nicht so toll gewesen war, denn die Tasche war in Hamburg. Ich merkte, wie meine Nervosität wuchs, denn die Zeit bis zum Start verging wie im Flug. Uwe bot mir an, dass wir bei der Über-prüfung am Start etwas schummeln. Er wollte mir – nachdem er kontrolliert war – seine Lampe ge-ben, damit ich dann ebenfalls durch die Kontrol-le kam. Aber plötzlich sah ich direkt in unserer Nähe einen Marktstand. Nichts wie hin und tat-sächlich, es gab u.a. auch Lampen. (Anscheinend war ich nicht der Einzige, dem so etwas passier-te – trotzdem nicht sehr trostreich). Schnell war eine Lampe ausgesucht und schon wieder ein Schrecken. Wo waren meine Schwedenkronen? In al-len Taschen meiner Shirts fand ich nicht mein Schlüsseletui, denn das wusste ich, dort waren sie. Jetzt wurden auch meine Teamkameraden lang-sam nervös. Dann fiel mir blitzartig ein, dass mein Schlüsseletui in der Reißverschlusstasche meines Rucksacks war – den ich natürlich auf dem Rücken hatte. Jetzt ging alles sehr schnell. 50 Kronen bezahlt und die Lampe gehörte mir. Der Verkäufer schnitt mir noch die Packung auf und ich hielt das Objekt der Begierde in meiner Hand. Aber noch war die Lampe nicht am Lenker befestigt. Die Zeit, um die richtige Befestigung an meinen Lenker zu schrauben, war nicht mehr da. Also einfach die Lampe in die vorhandene Halterung geschoben und – oh Wunder – die Lampe hielt. Aber ich war überzeugt, dass sie nicht lange halten würde. Ab ging es zum Start, denn es waren nur noch wenige Minuten. Plötzlich wur-de ich von einem Ordner aufgefordert meine Lampe und mein Rücklicht einzuschalten, das hatte ich in der Aufregung vergessen. Vorne und hinten ein Druck und meine Beleuchtung brannte und ich er-hielt vom Ordner grünes Licht für den Start. Kaum waren wir im Startraum wurden wir auch schon rausgelassen. Ich trat kräftig in die Pe-dalen, um möglichst mit der Gruppe auf die Stre-cke zu gehen. Leider war der Straßenbelag kurz hinter dem Start sehr schlecht und das überstand meine Lampe nicht. Ehe ich reagieren konnte schepperte es und die Lampe lag in vielen Ein-zelteilen auf dem Pflaster. Natürlich fühlte ich mich verpflichtet, die Reste einzusammeln, damit nicht etwa nachfolgende Fahrer noch platt fuh-ren. Das ging zwar recht schnell, aber plötzlich war ich allein. Schnell wieder auf’s Rad und hinter den anderen her. Vor mir war kein Rück-licht mehr zu sehen. Nach dem Motto „bange ma-chen gilt nicht“ nahm ich Fahrt auf und versuch-te wieder Anschluss zu bekommen. Bald sah ich Hans am Straßenrand stehen und ich war ihm dank-bar, dass er mein „Verschwinden“ bemerkt hatte. Eine kurze Erklärung „warum“ und die Entschei-dung „ohne Licht geht’s auch“. Der Start war ja überstanden und ich war überzeugt, dass es hell genug war, auch ohne Licht fahren zu können. Ich meinte zu spüren, dass Hans langsam „ärgerlich“ wurde, aber er zeigte auch in dieser Situation seine überragende und antrainierte „akzeptieren-de Grundhaltung“.

Jetzt konnte für mich die Fahrt richtig losge-hen. Ran ans Hinterrad von Hans und zügig ging es auf die 300 km. Ich fühlte mich gut und ent-sprechend lief es auch. Dann, nach vielleicht 70 km, bemerkte ich am Straßenrand erste Pannenop-fer und konzentrierte mich wohl etwas zu sehr auf diese und nicht auf das Hinterrad von Hans. Plötzlich bemerkte ich, dass ich zu dicht auf Hans aufgefahren war. Ein echter Anfängerfehler! Ich versuchte abzubremsen und auf jeden Fall zu vermeiden, dass ich Hans eventuell mit in einen Sturz hineinziehe. Das gelang mir. Ich touchier-te Hans hinteres Schutzblech nur ganz leicht a-ber für mich kam jede Rettung zu spät. Ich hatte rechts Übergewicht bekommen und landete unsanft auf dem Asphalt. Ich rappelte mich schnell wie-der auf. Es tat zwar am Ellenbogen und am Knie etwas weh, aber ein Indianer kennt keinen Schmerz. Ich richtete mein Fahrrad auf und ent-schied, dass mir nichts passiert war. Ein Zu-schauer brachte mir meine Trinkflasche und ich hatte noch nicht einmal bemerkt, dass ich sie verloren hatte. Dankbar nahm ich seine Beileids-kundgebung auf. Dann war Hans auch schon da. Ich erklärte ihm kurz was passiert war und teilte ihm mit, dass ich okay sei. Er bemerkte, dass meine Brems-/Schalthebel etwas „komisch“ standen aber ich wollte der Meinung sein, dass alles in Ordnung war. Und wir fuhren weiter. Ich bemerk-te, das der Ärmel meines Shirt’s leicht zerris-sen war, am Ellbogen spannte auch etwas, ebenso am Knie. Ich kümmerte mich bewusst nicht darum und hatte nur einen Gedanken, ich wollte die Rundan machen. Erst bei der 1. Verpflegungssta-tion kümmerte ich mich um meine „Schäden“. Die körperlichen erwiesen sich als „nicht der Rede wert“ und durch die langen Ärmel und die Knie-linge waren die Schürfwunden ja auch „verbun-den“! Auch die „Fehlstellungen“ an meinem Lenker waren schnell behoben. Es war nichts kaputt. Ein bisschen gedreht und gerichtet und mein Fahrrad war wie neu. Diese ganzen Vorkommnisse veranlas-send Hans zu dem bemerkenswerten Ausspruch: „Ernst, für dich wäre es besser, wenn das Rennen erst nach 100 km beginnen würde!“ Ich habe lange darüber nachgedacht und kam zu der Überzeugung, dass ich noch viel zu lernen hatte, um solche Touren problemlos zu gestalten.

Zwischenzeitlich war es hell geworden und das Wetter hielt sich weiterhin. Es war zwar frisch aber trocken und auch die Sonne ließ sich sehen. Die Fahrt verlief jetzt ruhig. Hans verteilte auf der Strecke fleißig seine Gastgeschenke die „Krombacher-Kugelschreiber“ Besonders freute er sich, dass einer der Beschenkten ein junger Be-hinderter war. Der hatte sich extra für die An-feuerung der Rundanteilnehmer schick gemacht und beklatschte jeden einzelnen. Hans berichtete mir davon und man merkte ihm an, dass ihn die Freude dieses Jungen noch viel mehr freute. So ist Hans eben!

Die Fahrt war für mich ein unglaubliches Erleb-nis. Das Wetter hielt sich und wir kamen gut voran. Manche Steigungen ließen mich an meine Grenzen kommen und ich musste einige Male auch den Kontakt zu Hans abreißen lassen. Aber das war kein Problem, denn Hans wartete dann kurz auf der Höhe und gemeinsam ging es danach wei-ter. Beängstigend für mich waren die Überholma-növer der „Profis“. Die Stärksten hatten Start-nummern von 17.000 bis 18.000 + und waren bis zu 3 Std. nach uns gestartet. Beim ersten Mal dach-te ich, dass ein Auto uns überholt. Ich staunte nicht schlecht, als uns plötzlich etwa 30 „Renn-fahrer“ in Dreierreihen mit rasantem Speed über-holten. Wie im Fernsehen (z.B. Tour de France) wechselte man sich an der Spitze kontinuierlich ab und es schien so, dass dieses Tempo ohne jede Anstrengung erreicht und gehalten wurde. Unfass-bar! Ich fuhr am Limit und wurde überholt als würde ich stehen. Und vor allem dieses Geräusch, das die schmalen Reifen – eben durch die Größe der Gruppe und die Geschwindigkeit – erzeugten. Dazu noch das millimetergenaue Fahren nebenein-ander. Ich muss gestehen, zuerst spürte ich ein wenig Angst. Allerdings relativierte sich das für mich schnell. Das Besondere beim Radfahren ist für mich, dass man trotz körperlicher An-strengung im Kopf sehr frei wird. Man lässt Ge-danken zu, die einem bei „normalen“ Tätigkeiten nie kommen. Die beschriebenen Überholmanöver de-moralisierten mich keineswegs. Vielmehr nahm ich sehr bewusst wahr, dass Hans und ich doch mitten im Rennen waren, denn wir überholten unserer-seits – meistens sogar jüngere Fahrerinnen und Fahrer – mit Startnummern, die deutlich unter unseren lagen.

Interessant zu beobachten war auch, wer und mit welchem Gerät unterwegs war. Von einem älteren Fahrer auf einem Rad mit 3-Gang-Schaltung und – das ist wirklich nicht erfunden – mit holländi-schen Holzschuhen an den Füßen bis zu den schon beschriebenen gestylten und mit teuersten Renn-maschinen ausgestatteten und mit Begleitfahrzeu-gen war alles vertreten und dazu in allen Al-tersklassen und weiblich und männlich. Hans und mir fiel auf, dass die Beteiligung der Frauen erfreulich – aber doch erstaunlich - hoch war. Um einige Geräte zu nennen: Paare auf Tandems, Fahrer mit Liegerädern, Behinderte auf Rädern mit Handantrieb, andere mit normalen Touren- o-der Treckingrädern und schließlich auch noch ein Mann mit einer Zeitfahrmaschine. (Hans hatte mir erklärt was es damit auf sich hat: Das Rad stammte – wie er als Fachmann beurteilte – aus unserer Jugendzeit und wurde damals ausschließ-lich für Zeitfahrrennen gebaut und benutzt; Das Rad hatte keinen Freilauf, was bedeutete, dass der Fahrer immer durchtrampeln musste. Mich er-staunte, dass an dem Rad nur eine Handbremse zu entdecken war. Und dann noch die Übersetzung und keine Gangschaltung!!! Gebaut eben für Hallen-rennen. Und damit fuhr dieser Athlet die 300 km mit Steigungen und Abfahrten!)

Auffallend waren auch die „Veteranen“. Erkennbar waren sie an den besonderen Farben ihrer Start-nummern. Da gab es Fahrer, die tatsächlich alle bisherigen Rundans – also 43 – mitgefahren wa-ren. Einzelne waren vom Alter her schon hoch in den Siebzigern. Das ganze Wissen verdanke ich natürlich Hans. Wie schon gesagt: Ein uner-schöpflicher Fundus an Wissen über alles was mit Fahrrädern zu tun hat. Außerdem erhielt ich wäh-rend der Fahrt von ihm noch lfd. Informationen, auf was ich alles zu achten hatte. Nur z.B.: Fährt man in der Gruppe, sollte man tunlichst darauf achten, ob Einzelne unruhig, mit Schlen-kern oder ungleichmäßig fahren oder wie verän-dert sich der Fahrstil, wenn ein Fahrer während der Fahrt trinkt oder isst oder was passiert bei Schaltvorgängen und, und, und…! Um nicht in Un-fälle verwickelt zu werden, sollte man in sol-chen Fällen entweder überholen oder sich zurück-fallen lassen. Wie ich jetzt beim Schreiben er-kenne, habe ich vieles doch gespeichert, aber ich muss auch noch viel lernen!

Zurück zu unserer Fahrt. Gegen halb acht fuhren wir die 2. oder 3. Verpflegungsstation an. Eine riesige Anlage! Hunderte von Rädern waren abge-stellt und die Dixie-Toiletten stark belagert. Die Verpflegung gab es in einer riesigen Turn-halle. Es gab Bläbärsuppe (warme Blaubärsuppe im Pappbecher) Würstechen mit Kraut und Puerree, Brötchen und Brot, Nudeln, Bananen und anderes, Kaffee, Tee und Sportgetränke im Becher und Fäs-sern zum Auffüllen der Radflaschen. Es waren Ti-sche mit Bänken aufgestellt, die dicht besetzt waren mit Essern, und alle waren gut gelaunt. Hans hatte zufällig gegenüber einer jungen Schwedin Platz genommen und wie üblich sehr schnell Kontakt gefunden und eine rege Unterhal-tung in „Deutschenglich“ begonnen. Diese junge Frau trafen wir übrigens kurz vor dem Ziel noch-mals in einer Verpflegungsstation. Ich hatte mir u.a. eine Tüte Milch genommen und unerklärlicher Weise Probleme beim Öffnen. Die junge Frau bot ihre Hilfe an. Natürlich war ich froh, dass sie es auch nicht schaffte (mein männliches Ego!) aber sie hatte eine ganz einfache Lösung. Sie stand auf und holte mir eine neue Tüte, die sie ruck zuck aufriss und mir anbot! Toll! Zu erwäh-nen ist auch noch, dass in der Halle eine kom-plett eingerichtete Fahrradwerkstatt mit Mecha-nikern vorhanden war. Zum Glück, hatten wir sie nicht nötig, aber es war schon beruhigend.

Kurz vor 12.00 Uhr fuhren wir eine weitere Ver-pflegungsstation an. Sie lag an einem kleinen Hafen und in einem Wäldchen. Nach dem Essen schauten wir uns noch den Hafen an. Plötzlich verschwand Hans an einem Verpflegungsstand und kam mit einem Brötchen wieder. Hatte er immer noch Hunger? Weit gefehlt, ein kleiner Biss für ihn und der Rest? Des Rätsels Lösung war, er hatte eine „behinderte“ Ente entdeckt. Sie hum-pelte deutlich, wie ich dann auch bemerkte. Für Hans Grund genug sie zu füttern mit dem Kommen-tar: Das arme Tier bekommt ja sonst nichts ab! Da kam doch wieder die jahrelange Tätigkeit als Berufsberater für behinderte Menschen und natür-lich sein ausgeprägter Sinn Schwächeren zu hel-fen durch – egal ob Mensch oder Tier!

Danach stiegen wir wieder auf die Räder und wei-ter ging es. Um 12.49 Uhr sah ich das Schild am Straßenrand „100 km“. Das bedeutete, dass wir schon etwas mehr als 200 km gefahren waren. Da dies für mich den 2. Marathon bedeutete, bat ich Hans anzuhalten, denn das musste ich im Bild festhalten. Als ich das Schild fotografierte, kamen nachfolgende Teilnehmer. Die wussten na-türlich nicht warum ich sie fotografierte. Die meisten waren aber geschmeichelt und freuten sich und mir war es recht.

Die Fahrt ging weiter und immer noch bei gutem Wetter! Um 14.30 Uhr fuhren wir wieder eine – diesmal kleinere – Verpflegungsstelle an. Aber auch hier: Stand an Stand mit Essen und Trinken und Dixie-Toiletten. Plötzlich hörte ich meinen Namen und dachte noch, die Stimme kennst du doch! Da kommt auch schon Vera auf mich zu. Vera (mit vollem Namen Drees- Sendtner-Voelderndorf) hatte ich bei meinem ersten Marathon in Herne kennen gelernt. Und welch ein Zufall, unser zweites Zusammentreffen ergab sich in Schweden. Ich wusste, dass Vera und ihr Mann, ähnlich wie Christa und Hans, sehr viele Rennen machen und aus Wuppertal kommen. Diesmal war sie allerdings ohne ihren Mann unterwegs und mit 2 Rad-Kameraden in einem Wohnmobil nach Schweden ge-kommen. Eine kurze aber angeregte Unterhaltung und weiter ging es in Richtung Ziel.

Bei jedem Kilometerschild machte ich mir be-wusst: Noch 60 km – Tour Siegen-Altenkirchen Siegen -, noch 50 km – Tour Siegen-Obernau-Siegen, noch 40 km – kleine Runde Freudenberg, noch 30 km – jetzt ist es geschafft, das ist keine Entfernung mehr für mich. Und dann kam das Ziel in Sicht. Es war dicht belagert von Zu-schauern und mit Verkaufsständen drapiert. Hans hatte schon die „Mess-Matten“ (beim Überfahren ertönte ein Signal und man war gezählt) entdeckt und sagte selbstlos zu mir: „Du fährst als Ers-ter durch’s Ziel, das hast du dir verdient.“ Ei-ne Widerrede war nicht möglich, denn Hans hatte sein Speed deutlich verrinmgert und somit blieb mir keine andere Möglichkeit. Es piepste und ich wusste, ich hatte die Vätternrundan geschafft. Wir mussten unmittelbar nach der Zieldurchfahrt unsere Transponder abgeben. Diese wurden elekt-ronisch gelesen und wir erhielten unsere Medail-len. Schnell noch einen Passanten angesprochen und schon hatten wir „unser“ Zielfoto. Hans hat-te einen Verkaufsstand entdeckt und kaufte noch schnell ein Geschenk für Christa. Da ich wusste, dass die angebotenen Andenken nichts für Do wa-ren, erstand ich einen Stoffdalmatiner mit Schleife in den schwedischen Nationalfarben und der Aufschrift „Vätternrundan 2008“ für Andrea. Und dann kam auch schon Malte auf uns zu. Wir erfuhren, dass Brunhilde schon im Wagen wartete und wohlauf war. Malte hatte den Anhänger ziem-lich entfernt parken müssen und bot an, die Rä-der dorthin zu bringen, damit wir uns ausruhen konnten. Ich nahm dankend an, aber Hans bestand darauf, dass er mit ging. Ich erfuhr von Brun-hilde, dass sie alles gut überstanden hatte. Sie war zwar voll in den Regen gekommen, aber das hatte sie bereits wieder verdrängt. Am meisten hatte sie geärgert, dass die „Profis“ so rück-sichtslose Überholmanöver gefahren waren. Dann kamen Malte und Hans zurück und wir fuhren zum Anhänger, kuppelten diesen an und weiter ging es zu unserer Pension. Im Kaminzimmer saßen schon Stephan, Uwe, Eberhard, Christian, Torsten und Monika und alle frohgestimmt. Wir beglückwünsch-ten uns gegenseitig, erfuhren welche Zeiten wer gefahren hatte und schilderten kurz den Verlauf unserer Tour. Dann bestellten wir bei Stephan eine Pizza unserer Wahl und Malte zog los, um sie zu besorgen. Die Pizzen schmeckten gut und waren mehr als reichlich, nur Hans und Malte wa-ren noch nicht gesättigt und verputzten noch die Reste von Brunhildes und meiner Pizza. Wir un-terhielten uns noch eine Weile, ich ging noch eine kurze Runde durch den Ort und machte noch einige Bilder. Dann war „Schicht“! Ich war müde und EM hin und her, ich wollte nur noch schla-fen. Eberhard schlief schon tief und fest, denn er hatte ja viel Schlaf nachzuholen. Und ich tat es ihm gleich.

Am nächsten Morgen standen wir zwischen halb sieben und sieben auf, machten Morgentoilette und zogen wieder zivile Kleidung an. Wir frühs-tückten ausgiebig und nach und nach trudelten auch die anderen Teilnehmerinnen und Teilnehmer ein. Wir unterhielten uns angeregt und es gab wieder viel zu lachen. Schnell machte ich noch einige Bilder vom Frühstückbuffet, unserer Grup-pe und den Wirtsleuten. Wir vereinbarten, dass wir gegen 12.00 Uhr zur Rückfahrt starten woll-ten. Hans und ich beschlossen einen kleinen Spa-ziergang durch den Ort zu machen, damit er mir die Sehenswürdigkeiten zeigen konnte. Wir kamen auch an die Dorfkirche und entdeckten ein Pla-kat, das auf einen Gospelchor am heutigen Sonn-tag in der Kirche aufmerksam machte. Neugierig geworden, betraten wir die Kirche und erlebten die Chorprobe. Als erstes fiel mir die Chorlei-terin auf. Mit vollem Einsatz motivierte sie die Chorsängerinnen und –sänger zu Höchstleistungen. Man merkte sofort, dass sie die Chormusik lebte. Mir war bewusst, dass ich in Schweden war, aber ich glaubte in der Chorleiterin meine Nichte Astrid zu erkennen - die gleichen Bewegungen und das gleiche Engagement! Wir erkundigten uns bei einem Mitarbeiter der Kirche, ob und wann das Konzert stattfinden sollte. Wir erfuhren, dass um 10.00 Uhr im Rahmen einer Messe auch der Chor singen würde. Wir wurden so freundlich infor-miert und entschieden uns spontan, an der Messe teilzunehmen. Schnell noch mal zurück zur Pensi-on, die anderen von unserer Absicht in Kenntnis gesetzt und zurück zur Kirche. Malte hatten wir interessieren können, mit zu kommen. Und wir mussten unsere Entscheidung nicht bereuen. Ob-wohl wir kein Wort verstanden, merkte ich am Verlauf an welcher Stelle der Messe wir waren. Beeindruckend war, wie intensiv die Jugendlichen durch den Pfarrer einbezogen wurden. Die musika-lischen Einlagen (Orgel, Geige und Querflöte) und vor allem der Chor waren hörenswert und wir fühlten uns durchaus nicht als „Ausländer“ oder gar „Fremde“.
Nach der Messe machten wir noch einen kleinen Spaziergang und Hans zeigte mir u.a. das Wasser-schloss. Leider reichte die Zeit nicht mehr aus, um noch eine kurze Besichtigung zu machen. Wir mussten zurück, denn die vereinbarte Abfahrt rückte näher. Als wir ankamen, befand sich die ganze Gruppe schon im Garten. Dann kam auch noch die Familie von Eberhard. Der wollte ja noch ein paar Tage in Göteborg bei seiner Tochter Urlaub machen. Und wie es so geht, es ergab sich eine angeregte Unterhaltung mit der Familie von Eber-hard und aus 12.00 Uhr wurde 12.30 Uhr. Dann hieß es aber endgültig Abfahrt. Wir verabschie-deten uns von Eberhard mit Familie (nicht ohne der Ankündigung von Eberhard, dass es auf der Rückfahrt ohne ihn still und langweilig sein würde) und natürlich auch von Uwe, der ja wieder mit dem Flugzeug die Heimreise machen wollte und dann ging es ins Auto. Stephan hatte die Rück-route so gelegt, dass wir auch die andere Seite des Sees mit dem Auto erleben konnten. Unterwegs machten wir noch Rast auf einem Autohof. Hans entdeckte beim Aufbruch, dass es dort eine Spe-zialität gab, Lakritzstangen, natürlich für Christa. Ich schloss mich an und erstand auch eine Lakritzstange für Do, ohne zu wissen um was es sich eigentlich handelt, aber Do steht ja auch auf Lakritz. Leider war vor der Kasse eine lange Schlange und so handelten wir uns eine Rü-ge von Stephan ein, denn so langsam wurde die Zeit knapp.

Als wir am Hafen in Göteborg ankamen erwartete uns eine Überraschung. Obwohl wir recht spät wa-ren, wurden wir fast ohne Stopp auf die Fähre durchgewinkt, ganz im Gegensatz zu Kiel. Uns war es recht. Abendessen war wieder für 21.00 Uhr gebucht. Wir bezogen unsere Kabinen und da er-wartete uns wieder eine Überraschung. Stephan teilte mit, dass wir für 8 Personen nur 2 Kabi-nen zugeteilt bekommen hatten. Das bedeutete, dass unsere 2 Frauen keine eigene Kabine hatten. Stephan hatte Hans und mich schon der „Frauenka-bine“ zugeteilt. Etwas überrascht waren wir schon, aber es gab kein langes Zögern. Dann be-gaben wir uns auf den Weg zu den Gemeinschafts-räumen, um noch etwas EM zu gucken. Mir fiel auf, dass die Fähre diesmal deutlich unruhiger fuhr als auf der Hinfahrt. Christian, unser „Seefahrer“ teilte uns mit, dass der Wind aufge-frischt hatte und der Seegang entsprechend stär-ker war. Ich war überzeugt, dass mir das keine Schwierigkeiten bereiten würde und so war es auch. Man musste zwar etwas breitbeiniger gehen, aber das war auch schon alles. Das Abendbuffet war wieder reichlich und sehr lecker und ich ge-noss es wieder. Auch diesmal dehnten wir unser Abendessen aus, bis wir wieder „herauskomplimen-tiert“ wurden. Wir tranken an Deck noch etwas, dann sagten Brunhilde und Monika gute Nacht und begaben sich in die Kabine. Ohne dass wir vorher darüber gesprochen hatten, blieben wir noch eine halbe Stunde an Deck. Dann suchten auch Hans und ich die Kabine auf. Brunhilde und Monika schlie-fen schon, zumindest taten sie so, hatten aber unsere Etagenbetten schon abgeklappt und das Bettzeug aufgeschlagen. Sie hatten auch schon die Leiter eingehängt, und so gab es kein Prob-lem ins Bett zu kommen. Trotz der rauhen See schliefen wir tief und fest. Auch wieder ohne Absprache, stand Hans als erster schon um halb sechs auf. Als er fertig war mit Duschen und Morgentoilette, kletterte ich ebenfalls aus dem Bett und machte mich landfein. Beim Verlassen weckte ich noch Brunhilde, die mich ganz er-staunt anguckte. Monika reagierte gar nicht. Wie ich später erfuhr, hat sie einen Hörschaden und deshalb einen Stopfen im Ohr. Auf Deck suchte ich Hans, fand ihn aber nicht. Dafür traf ich Christian. Der war schon seit kurz nach 4.00 Uhr auf Deck, hatte aber die neue große Brücke um wenige Minuten verpasst. Da es immer noch sehr windig, kalt und regnerisch war, begab ich mich wieder unter Deck. Dort traf ich dann auch Hans. Sobald der Speisesaal geöffnet wurde begaben wir uns zum Frühstück. Nach und nach trafen auch die anderen ein. Wir frühstückten wieder mit gutem Appetit und gut gelaunt und genossen nochmals den Luxus der Fähre. Dann wurde es Zeit zum Auto zu gehen. Wir mussten unbedingt pünktlich sein, denn diesmal waren wir bei den ersten, die die Fähre verlassen mussten und Stephan hatte uns eindringlich gebeten, nicht zu spät gekommen. Er kannte wohl die Situation schon, wenn ein Auto die Ausfahrt blockierte. Auch das klappte prima. Direkt nach Verlassen der Fähre, verließ uns dann Monika. Sie wollte noch einen Tag bei und mit ihrer Freundin in Kiel verbringen.

Wir fuhren weiter in Richtung Hamburg. Eine Fahrt ohne große Besonderheiten. Der Verkehr war normal und im Auto war es ohne Eberhard und Mo-nika deutlich ruhiger. In Hamburg begrüßte uns dann Uwe, der natürlich mit dem Flugzeug viel schneller zu Hause war. Wir luden die Räder und das Gepäck aus, denn Stephan musste den Mietwa-gen zurückbringen. Sie nahmen Hans mit, um ihn bei unserer Autovermietung abzusetzen. Eine kleine Aufregung zum Schluss, Brunhildes Auto sprang nicht an. Anscheinend hatte sie irgendet-was angelassen (wie sie selbst diagnostizier-te)und nach 5 Tagen war auch die beste Batterie leer. Was tun? Die Diagnose war eigentlich klar und wir brauchten nur ein Überbrückungskabel. Aber keiner hatte eines. Dann verkündete Chris-tian, dass er von seinem Nachbar mit dem Auto abgeholt würde und der hätte bestimmt ein sol-ches Kabel. Und so war es dann auch! Der Nachbar kam, hatte auch ein Überleitungskabel und wir starteten Brunhildes Auto. Bald lief der Motor wieder und auch Brunhilde konnte nach Hause fah-ren. Allerdings leistete sie mir aus Solidarität noch für einige Zeit Gesellschaft. Dann war ich allein und wartete auf Hans. Ich machte noch ei-nige Fotos von dem schönen Haus, sah mir die Um-gebung ein wenig an und dann kam auch schon Hans. Diesmal mit einem Hyundai. Es hatte so lange gedauert, weil er das Auto für 16.00 Uhr bestellt hatte. Da wir deutlich früher zurück waren, gab es für den Vermieter kleinere Schwie-rigkeiten. Wir verstauten unsere Räder und unser Gepäck im Auto, verabschiedeten uns von Stephan, Malte und Uwe und auf ging es in Richtung Hei-mat. Die Fahrt verlief gut und wir kamen bereits gegen 18.00 Uhr in Siegen an. Schnell noch den Wagen aufgetankt und dann auf den Giersberg. Hans begrüßte noch Do und dann begab er sich auf den letzten Abschnitt der Reise. Alles hatte prima geklappt und wir konnten sogar noch das tolle EM-Spiel Deutschland-Portugal verfolgen.

Mein Fazit: Wieder ein tolles Erlebnis. Ganz an-ders als meine Tour durch Spanien, aber nicht weniger aufregend und erlebnisreich. Auch hier muss ich wieder Do ein großes Danke sagen, die trotz ihres gebrochenes Beines darauf bestanden hatte, dass ich die Vätternrundan mache. Durch die alltäglichen Anrufe wusste ich, dass unsere Vorkehrungen realisiert worden waren. Unsere Nachbarin war jeden Abend da gewesen und auch die anderen Besuche hatten geklappt.

In der Rückschau muss ich feststellen, dass ich wieder viele nette und interessante Menschen kennen lernen durfte und trotz aller negativen Überraschungen (fehlende Lampe, Sturz u.ä.) möchte ich keine Stunde missen. Nicht zuletzt muss ich gestehen, dass ich auch ein klein wenig stolz auf mich selbst bin, diese Tour so gemeis-tert zu haben. Auch die Daten der Rundan können sich m.E. sehen lassen:
- 309,60 km,
- 1.465 Höhenmeter
- in 12:25 Std
- mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 25,7 km/h.
Da spielte die Zeit von insgesamt 16:38 Std. nur eine untergeordnete Rolle, denn dafür haben wir Begegnungen und Erlebnisse gehabt, die die „Rennfahrer“ nicht hatten.

Mir ist bewusst, dass ich das was andere viel-leicht in 15 oder 20 Jahren machen innerhalb von 2 Jahren realisieren konnte und das in meinem Alter. Einfach unglaublich aber wahr. Und was kommt jetzt?